Sichtungsgarten Quedlinburg

Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau – Standort Quedlinburg

Marius Tegethoff, Bereichsleiter Qualitätssicherung/Produktion des BdB, reiste am 24.07.2017 zur Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau des Landes Sachsen-Anhalt nach Quedlinburg, um sich mit Dr. Axel Schneidewind (rechts im Bild) über aktuelle Themen der Gehölzsichtung und der Baumschulwirtschaft auszutauschen.

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Eine intensive und praxisorientierte Pflege (z.B. durch Verwendung von Bewässerungssäcken) bieten ideale Voraussetzungen zur Analyse des Wachstumsverhaltens der Zukunftsbäume.

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Quedlinburg ist mittlerweile deutschlandweit der einzige Standort, der auf das ursprüngliche Sortiment der Gehölzsichtung von Zieräpfeln und -kirschen zurückgreifen kann. Vielfach bedienen sich Verwender von Pflanzen dieses Sortiments, um die langfristigen Wuchseigenschaften der Sorten in Planungen berücksichtigen zu können.

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Bodenfeuchtesensoren und Temperaturfühler senden in regelmäßigen Abständen Daten an die zentrale Stelle der Versuchsanlage in Form eines Datenloggers. Die Wissenschaftler erhoffen sich auf diesem Weg genauestens herauszufinden, wie die möglichen Zukunftsbäume auf die hiesigen Bedingungen reagieren.

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Im Juli 2017 besuchte Marius Tegethoff, BdB-Bereichsleiter Qualitätssicherung / Produktion, Dr. Axel Schneidewind und Dr. Mirko Hobert von der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau (LLG) des Landes Sachsen-Anhalt in Quedlinburg, um die auf das öffentliche Grün spezialisierte Einrichtung kennen zu lernen. Neben dem wichtigen Thema der "Zukunftsbäume" werden weitere Schwerpunkte im Bereich der Gehölze im urbanen Raum gesetzt.

Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau – Standort Quedlinburg

Das Kompetenzzentrum Garten- und Landschaftsbau der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau hat seinen Sitz nicht unweit vom Zentrum der Stadt Quedlinburg, ein durch die UNESCO ernanntes Weltkulturerbe. Bereits 1937 wurde die Einrichtung gegründet. Seither dient das Zentrum unter anderem verschiedenen Lehrzwecken oder etwa der Anlage von wissenschaftlichen Versuchen im Bereich des Gartenbaus. Im Verlauf der 90ziger Jahre war Quedlinburg der erste ostdeutsche Teilnehmer an der Gehölzsichtung nach der Wiedervereinigung.

Langfristige Sichtung von Sortimenten

In der Regel werden Gehölze in der Gehölzsichtung für drei Jahre beobachtet und analysiert. Eine Vielzahl an Gehölzen wird in Quedlinburg auch nach dem offiziellen Ende einer Sichtung aufbewahrt und fortführend genutzt. So stehen mittlerweile nur noch in Quedlinburg die 1997 aufgepflanzten Sorten von Zieräpfeln und Zierkirschen. Vielfach nutzen Landschaftsarchitekten und –planer dieses Angebot, um sich das Wuchsverhalten der Sorten auch im höheren Alter der Gehölze anzuschauen. Dieses Wissen kann in langfristig angelegten Anlagen verwendet werden.

Neben einer großen Anzahl an Sorten aus dem Bereich des Zierobstes kann der Standort Quedlinburg seit 1995 auf ein rund 250 Sorten umfassendes Sortiment an Alleebäumen zurückgreifen.

Im Fokus: Öffentliches Grün

Nach einer abgeschlossenen Sichtung bieten sich der LLG beste Voraussetzungen für weitergehende Untersuchungen. So werden etwa verschiedene Mulch- und Abdeckungsmaterialien am bestehenden Bestand – analog zum Ist-Zustand vieler Grünanlagen in deutschen Kommunen – im Kampf gegen Wildkräuter getestet. Weiterhin werden zur Förderung der biologischen Vielfalt, etwa im Bereich der Wildbienen, verschiedene Blühmischungen getestet, die zukünftig einen Grünstreifen im urbanen Raum durch ihr Nahrungs- und Farbangebot unterstützen könnten.

Hohe Bedeutung für die deutsche Baumschulwirtschaft

Der Klimawandel ist in aller Munde und vielfach fragen sich Experten der deutschen Baumschulwirtschaft, wie mit der Zunahme von extremen Klimaereignissen umgegangen werden könnte. Einen Tag nach dem Besuch des Bundes deutscher Baumschulen am Standort Quedlinburg berichteten die Medien voll über eine Flutwelle, die aus dem Harz über die Stadt Braunschweig eingefallen sei. Die Zunahme derartiger Zustände wird vielfach von Experten der Klimatologie für die Zukunft prophezeit. Neben Starkregenereignissen werden extreme Temperaturschwankungen oder etwa die Zunahme von Trockenperioden im Sommer prognostiziert. Quedlinburg ist neben Berlin, Ellerhoop und Veitshöchheim ein Standort, der sich der Frage der Zukunftsbäume ("Klimabäume") intensiv widmet. Mittlerweile finden auch Untersuchungen in Erfurt statt.

Modernste Technik wie etwa Sensoren zur Messung von Oberflächentemperaturen oder der Bodenfeuchte kommen zum Einsatz, um permanent und zielgenau alle Einflussfaktoren auf das Wachstumsverhalten der Zukunftsbäume zu dokumentieren.

Ebenso wird seit geraumer Zeit das Sortiment der Zukunftsbäume als echte Sämlinge getestet. Ursprünglich bediente man sich bei Klimabaumtestungen klassischen und branchentypischen Veredelungen. Die Untersuchungen mit Sämlingen erlauben es den Versuchsanstellern, die tatsächliche Reaktion der betrachteten Arten genauer zu untersuchen. Auch hier gilt, dass die Versuche langfristig angelegt wurden. Erst nach einer Standzeit von über fünf Jahren können die Wissenschaftler Erkenntnisse aus den Untersuchungen ziehen.

Der Besuch konnte von den Teilnehmern zudem genutzt werden, um über die Sinnhaftigkeit der Einführung eines Logos für die Gehölzsichtung zu diskutieren: Sowohl für praktische Betriebe wie auch den Arbeitskreis Gehölzsichtung sei es ein geeignetes Instrument, um die Wertigkeit der Ergebnisse für eine breitere Masse herauszustellen.

(te)