Politische Forderungen
Politische Forderungen der Baumschulbranche zur Sicherung der deutschen Gehölzproduktion im nächsten Jahrzehnt
Gehölze „Made in Germany“: Garant für die grüne Infrastruktur der Zukunft
Bäume, Sträucher und Ziergehölze aller Art sind für Mensch und Umwelt wichtiger denn je. Sie sind das Rückgrat der grünen Infrastruktur in Stadt und Land, den privaten Gärten, den Parks, den Alleen, den Feldrainen und den Wäldern. Sie sind der Garant für die biologische Vielfalt, die Sauerstoffproduktion für Mensch und Tier sowie lebenswerte private und öffentliche Räume. Gehölze sind die natürlichen Regulative für Temperatur und Wasserhaushalt sowie lebendige Kohlendioxydspeicher.
Der Ursprung dieser Pflanzen in unseren Kulturräumen – ob urban, ländlich oder dem Forst – findet sich in den Baumschulen. Diese Betriebe produzieren jedes Jahr Gehölze im Wert von mehr als 1,3 Milliarden Euro – für Deutschland und Europa.
Ob professioneller Pflanzenverwender oder privater Gartenliebhaber und Balkonbesitzer: in den Verkaufsflächen der deutschen Baumschulen und Gartencenter findet jeder die passende Pflanze aus einem breiten und vielseitigen Gehölzsortiment.
Zwei entscheidende Fragen werden in den kommenden Jahren die grüne Infrastruktur und den Baumschulsektor in Deutschland prägen:
Gehölze „Made in Germany“: Garant für die grüne Infrastruktur der Zukunft
Auf die Funktionsfähigkeit unserer grünen Infrastruktur kommt es mehr denn je an. Dazu brauchen wir Gehölze, die eine standortgerechte Verwendung finden. Das bedeutet für die Auswahl der Pflanzen:
- sie kommen mit den spezifischen Umweltbedingungen an ihrem Verwendungsort klar,
- sie wachsen vital, so dass sie das Anforderungsprofil der ihnen zugedachten Leistung erfüllen können,
- sie sind resilient, so dass Pflanzenkrankheiten- und Schadorganismen wenig Angriffspunkte haben,
- sie sind vielfältig, um die Biodiversität zu fördern.
Diese vier Grundlagen für die Zukunftsfähigkeit unserer grünen Infrastruktur setzen ein modernes und lösungsorientiertes Verständnis der Pflanzenverwendung voraus.
In den deutschen Baumschulen basiert dieses Wissen auf der hohen gärtnerischen Fachkenntnis und der Erfahrung einer dreihundertjährigen Branchenentwicklung.
Wir benötigen die gesamte Breite des Gehölzsortimentes, um dem Klimawandel, den damit einhergehenden steigenden Druck von Schadorganismen bzw. Pflanzenkrankheiten und den technischen sowie gestalterischen Anforderungen unserer Zeit Genüge zu tun.
Wir brauchen einen Mix aus heimischen und nicht heimischen Gehölzen, um die grüne Infrastruktur vital zu erhalten und funktional auszurichten: zur Förderung der biologischen Vielfalt, zur Steigerung der Klimaresilienz, zum Wachstum zeitgenössischer CO2-Speicher – kurzum, zum Wohl von Mensch und Umwelt.
Forderungen der Baumschulen an die Politik:
- Anerkennung der Sortimentsbreite statt Fokussierung auf heimische bzw. gebietseigene Gehölze,
- Förderung neuartiger Züchtungsmethoden wie CRISPS/Cas (Genschere),
- Förderung der Gehölzforschung durch einen Stiftungslehrstuhl des Bundes,
- Förderung mehrjäriger Modell-Demonstrationsvorhaben als Praxisversuche zur Verwendungstauglichkeit
Welchen politischen Handlungsrahmen brauchen die Baumschulen, um „Gehölze Made in Germany“ zu produzieren?
Deutschlands Baumschulen sind die Marktführer auf dem wettbewerbsintensiven Gehölzmarkt Europas. Unsere Betriebe konkurrieren mit den Unternehmen unter anderem aus den Niederlanden, Belgien, Frankreich und Italien.
Unser Qualitätsversprechen der „Gehölze Made in Germany“ beruht auf dem hohen Niveau in Produktion und Logistik. Und natürlich schonen wir die Umwelt und erfüllen hohe Sozialstandards. Das wollen wir auch in Zukunft erhalten und weiter ausbauen.
Die Baumschulwirtschaft bekennt sich ausdrücklich zu den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen und setzt diese im unternehmerischen Alltag um. Das betrifft insbesondere folgende Bereiche:
Klimaschutz:
Die Öko-Bilanz der Gehölze aus deutschen Baumschulen ist schon während des Produktionsprozesses positiv. Betrachtet man die gesamte Lebensdauer der Pflanzen, wächst diese Bilanz kontinuierlich auf.
Die Baumschulen streben an, den geringen CO2-Fußabdruck, der sich durch den Produktionsprozess notwendigerweise abbildet, weiter zu verkleinern. Eines ist jedoch unstrittig: schon heute verschwindet er unter dem wachsenden CO2-Speicher der kultivierten Pflanzen vollends.
Allerdings gibt es bisher keine Möglichkeit, nach anerkannten Carbon-Food-Print-Methoden diese Ökobilanz wirklich sichtbar zu machen. Daher fordert der BdB die Politik auf, diesen Zustand zu ändern.
Die Forderungen der Baumschulen an die Politik:
- Einführung einer CO2-Flächenprämie, um die CO2-Speicherung der Gehölze während der Produktion abzubilden: Der BdB schlägt eine jährliche Ausgleichszahlung von zunächst 50 Euro pro steuerlich aktiviertem Baumschulhektar vor.
- Investitionsförderung von CO2-neutralen Antriebsarten insbesondere in Bezug auf thermische Verfahren zur Unkrautbekämpfung auf Baumschulflächen und innerbetrieblicher Logistik.
Nachhaltigkeit:
Bei der Kultivierung der Gehölze fühlen sich Deutschlands Baumschulen der Nachhaltigkeit verpflichtet. Die Produktionsmethoden richten sich an zeitgemäßen Umweltstandards aus, so dass die Qualitätsanforderungen der Pflanzenverwender ressourcenschonend erreicht und garantiert werden können.
Wo immer möglich, werden biologische oder mechanische bzw. thermische Pflanzenschutzmaßnahmen durchgeführt, um Schadorganismen und Krankheiten fernzuhalten, die anderenfalls die Vitalität und die Funktionsfähigkeit der Gehölze am Endstandort gefährden.
Dort, wo der integrierte Pflanzenschutz zur Anwendung kommt, wird er fachgerecht durch speziell ausgebildete Kräfte vorgenommen. Dort, wo Pflanzenschutzmaßnahmen nicht zweckgerichtet eingesetzt werden können, aber Schadorganismen die Pflanzenbestände großflächig bedrohen (sog. Quarantäneschädiger gemäß EU-Recht), bekennen sich die Baumschulen zum Hygienemanagement und zerstören die Pflanzen gemäß amtlicher Anordnung bzw. werden sie nicht mehr verkauft. Für Letzteres gibt es bisher jedoch keine Entschädigung.
Auch bei den Kultursubstraten werden die Baumschulen ihrem Anspruch in Bezug auf die Nachhaltigkeit gerecht. In den letzten Jahren wurden bereits 25 Prozent des Torfanteils reduziert. Gemeinsam mit den gartenbaulichen Versuchsanstalten arbeiten die Betriebe weiter an einer signifikanten Verringerung des Torfes. Bis zum Jahr 2025 strebt die Branche eine weitere Reduzierung um 30 Prozent in Kultursubstraten an.
Die Reduzierung und die Wiederverwendung von Kunststoffen ist Teil der Verantwortung der Branche gegenüber Mensch und Umwelt. In den Betrieben steht Plastikvermeidung ganz oben auf der Tagesordnung. Die Verwendung von verrottbarem Material zum Ballieren der Wurzeln ist selbstverständlich. Töpfe für die Gartencenterpflanzen werden in hohem Maß aus recyceltem Kunststoff angefertigt.
Die Forderungen der Baumschulen an die Politik:
- Förderung der Erforschung und der Zulassung innovativer Pflanzenschutzmittel für den Bereich der Sonderkultur Baumschule,
- Zulassung innovativer Forschungsmethoden zur Steigerung der Resilienz von Gehölzen insbesondere durch Einsatz der Genschere CRISPR / Cas,
- Einführung eines Entschädigungsfonds, der von Staat und Wirtschaft anteilig finanziert wird, so dass die Betriebe für Pflanzen mit Verkaufsverbot entschädigt werden,
- Förderung der Forschung an torfreduzierten Substraten unter Einbeziehung der Verfügbarkeit der Ersatzstoffe und ein wissenschaftsbasierter Reduktionsplan zur Wahrung der gesamten Sortimentsbreite in der Produktion.
Sauberes Wasser:
Für die Baumschulen ist die Ressource Wasser von großer Wichtigkeit. Bäume im Wachstum benötigen insbesondere in den immer häufiger auftretenden Hitzesommern eine künstliche Bewässerung, um sie vor Vertrocknung zu schützen. Die Unternehmen haben angesichts der jüngsten Dürrejahre großflächig damit begonnen, ein betriebliches Wassermanagement aufzubauen, um mit geringem Ressourceneinsatz zielgenau die Bäume zu versorgen.
Die Verwendung von Düngern in den Betrieben wird kontinuierlich optimiert. In sogenannten Containerquartieren, in denen Pflanzen in Töpfen kultiviert werden, wird durch Wasserrückhaltebecken und durch eine zielgenaue Tröpfchendosierung an den Pflanzen der Wasser- und Nährstoffhaushalt reguliert.
In den Freilandquartieren werden Langzeitdünger eingesetzt, die die Nährstoffe optimal für das Pflanzenwachstum freisetzen, so dass die Nährstoffe nicht ausgespült werden.
Forderungen der Baumschulen an die Politik:
- Förderung innovativer Investitionen zum Wasser- und Nährstoffmanagement in den Betrieben,
- Sicherstellung der Nutzungsrechte für Wasser durch verlässliche rechtliche Rahmenbedingungen.
Leben an Land:
Das breite Sortiment der Baumschulen sichert für jeden Verwendungsstandort eine optimal angepasste und die Biodiversität fördernde Pflanzenwelt. Auch in den Produktionsstätten wird durch gezielte Maßnahmen die biologische Vielfalt gefördert, wie zum Beispiel durch Blühstreifen oder Untersaaten.
Forderungen der Baumschulen an die Politik:
- Förderung von Forschungsprojekten zur Wechselwirkung des Gehölzsortimentes mit der hiesigen Pflanzen- und Tierwelt,
- Schaffung adäquater rechtlicher Rahmenbedingungen, damit angesichts der Herausforderungen des Klimawandels heimische und nichtheimische Gehölze standortgerecht verwendet werden können.
Nachhaltige Städte:
Das breite Sortiment der Baumschulen trägt erheblich dazu bei, die grüne Infrastruktur insbesondere in den urbanen Räumen zu erhalten und qualitativ auszubauen. Nur grüne Städte bieten den Menschen ein lebensfreundliches Umfeld und sind Garant für die Artenvielfalt. Auch helfen Gehölze, den Wasserhaushalt in den Siedlungsgebieten zu regulieren und begünstigen so die blaue Infrastruktur.
Forderung der Baumschulen an die Politik:
- Förderung von öffentlichen und privaten Investitionen in die grüne Infrastruktur u.a. durch ein Sofortprogramm zur Anpflanzung neuer Straßenbäume und durch die Verpflichtung öffentlicher und privater Bauherren, fünf Prozent der Bausumme für lebendiges Grün zu investieren,
- Förderung einer vernetzten Städtebaupolitik, die interdisziplinär die Belange der grauen und grünen/blauen Infrastruktur im Klimawandel berücksichtigt (z.B. über den Ansatz der Schwammstadt).
Partnerschaften zum Erreichen der Ziele:
Die ständige Qualitätsverbesserung der kultivierten Pflanzen, die Orientierung der Produktion an den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen und die Förderung der sozialen Standards der Beschäftigten durch die Tarifgemeinschaft der BdB-Baumschulen ist kostenintensiv.
Deutschlands Baumschulen sind zurecht die europäischen Marktführer. Aber die Pflanzenverwender sind bei allem Qualitätsbewusstsein auch preissensibel. Ausländische Wettbewerber stehen daher Gewehr bei Fuß, um den hiesigen Markt mit günstigen Gehölzen zu erobern, ohne dabei die hohen Qualitäts-, Umwelt- und Sozialstandards unserer Baumschulen erfüllen zu müssen. Um das zu verhindern brauchen wir auch in Zukunft Wettbewerbsgleichheit, neudeutsch ein Level Playing Field.
Forderungen der Baumschulen an die Politik:
- Verpflichtung der öffentlichen Auftraggeber, Pflanzenimporte nur nach den nationalen Umwelt- und Sozialstandards zu akzeptieren.
Die Anforderungen an und die Bedeutung der grünen Infrastruktur haben in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Insbesondere mit den Herausforderungen durch den Klimawandel, stehen die Entwicklung von klimaresilienten Bäumen und Gehölzen im Fokus. Diesen Herausforderungen wird sich die Baumschulbranche auch stellen.
Hierfür sind Forschungskapazitäten notwendig, um die Voraussetzungen der Anforderungen zu schaffen sowie Modell und Demonstrationsvorhaben (MuD), um die Forschungsergebnisse in die Praxis zu überführen.
Aktuell befassen sich folgende Forschungseinrichtungen schwerpunktmäßig mit Versuchen zu Bäumen und Gehölzen:
Drei Versuchsanstalten
• Gartenbauzentrum, Ellerhoop, Schleswig-Holstein
• Lehr- und Versuchsanstalt für den Gartenbau, Bad Zwischenahn, Niedersachsen
• Versuchszentrum Gartenbau, Straelen/Köln-Auweiler, Nordrhein-Westfalen
Drei Hochschulen
• Hochschule Osnabrück, Osnabrück, Niedersachsen
• Hochschule Geisenheim, Geisenheim, Hessen
• Hochschule für Technik, Berlin
Eine Universität
• Humboldt-Universität, Berlin
Die Gehölzforschung an den Hochschulen und Universitäten ist nur noch rudimentär vorhanden.
Bei diesen Versuchen sind folgende Besonderheiten hervorzuheben:
• Versuchsprojekte werden in der Regel zeitlich begrenzt auf drei Jahre bewilligt. Gehölze werden allerdings bis zu zehn Jahre, teils länger, kultiviert. Aussagekräftige Versuche mit Wiederholungen sind kaum möglich.
• Die Vielfalt des Sortiments bedingt entsprechend umfangreiche Versuchsreihen.
• Die Forschungskapazitäten sind nicht nur finanziell, sondern auch personell sehr begrenzt.
Dabei sind die von der jetzigen Ampelkoalition im Koalitionsvertrag genannten Herausforderungen enorm:
• Reduzierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes
• Sparsame und gezielte Wasser- und Nährstoffzufuhr
• Gehölzkombinationen / Arten zur Förderung von Insekten und anderen Spezies im öffentlichen Grün
• Gehölze gezielt auf Retentionsflächen für ein nachhaltiges Regenwassermanagement nutzen
• Schadstoffbindung im urbanen Raum durch Gehölze
• Müssen Aspekte der Verkehrssicherheit von Straßenbegleitgrün zugunsten von Klimaschutzzielen angepasst werden?
Folgende Lösungsansätze sind vorstellbar:
Eine personelle Aufstockung der Versuchsanstalten und stärkere Finanzierung konkreter Forschungs- und MuD-Vorhaben sowie die Einrichtung eines Stiftungslehrstuhls sind dringend erforderlich, um mit der Implementation der Ergebnisse in die Praxis, die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Damit die passenden Bäume und Gehölze an den richtigen Standorten stehen und ihren wichtigen Beitrag zum Umgang mit den Folgen des Klimawandels leisten können.
Fazit
Das Wohlergehen der grünen Infrastruktur und der Baumschulwirtschaft sind nicht unabhängig voneinander zu denken. Die Komplexität unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens, der damit verbundenen sozialen und technischen Gegebenheiten und Entwicklungen und den daraus resultierenden Einflüssen auf die Lebenswelt sowie die Natur bedingen eine qualitativ hochwertige Fauna, die nicht nur von der genetischen oder phänotypischen Disposition her den Anforderungen der Biodiversität genügt, sondern die in der Lage ist, vital ihre Aufgaben am Verwendungsstandort zu erfüllen.
Die dazu notwendigen Pflanzen finden sich in den Quartieren der deutschen Baumschulen.
Angesichts der gewaltigen Aufgabe des Klimawandels identifizieren die Baumschulen bereits seit geraumer Zeit die Gehölze, die diesen zusätzlichen Stressfaktor adaptieren können, ohne dass sie ihre Funktionsfähigkeit und Vitalität einbüßen.