Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte darüber zu entscheiden, ob die Ausführung von Gartenbauarbeiten (für sich betrachtet eine sonstige Leistung – Umsatzsteuersatz 19 %) und die Lieferung von Pflanzen (für sich betrachtet eine begünstigte Lieferung – Umsatzsteuersatz von 7 %) für die Errichtung einer Gartenanlage („Barockgarten“) umsatzsteuerrechtlich jeweils getrennt zu beurteilende Leistungen sein können oder aber ob es sich insoweit um eine einheitliche Leistung handelt mit der Folge, dass diese auch einheitlich hinsichtlich des anzuwendenden Steuersatzes zu beurteilen ist.

Der BFH kam in seinem Urteil aus Februar 2019 zu dem Ergebnis, dass die Errichtung der Gartenanlage in dem vorliegenden Fall als eine – einheitliche – sonstige Leistung in Form einer komplexen Gesamtleistung zu beurteilen ist, welche insgesamt dem Umsatzsteuersatz von 19 % unterliegt. Denn Hauptbestandteil der einheitlichen Gesamtleistung sei hier nicht die Lieferung der Pflanzen, sondern die Ausführung der Gartenbauarbeiten.

Das Urteil erging mit folgendem Leitsatz:

„Die Lieferung von Pflanzen bildet mit den damit im Zusammenhang stehenden Gartenbauarbeiten eine einheitliche komplexe Leistung, wenn auf der Grundlage eines Gesamtkonzepts etwas selbständiges Drittes (Gartenanlage) geschaffen wird.“

In dem diesem Urteilsfall zugrundliegenden Sachverhalt vereinbarte der Unternehmer in einem Bauvertrag mit der Auftraggeberin für das Bauvorhaben „X-Gärten“ die Durchführung sämtlicher Leistungen des Gewerkes „Garten- und Landschaftsbau“ gegen eine Pauschalvergütung zzgl. Umsatzsteuer. Diese Vereinbarung betraf somit lediglich die Ausführung von Gartenbauarbeiten. Im Preis nicht enthalten war die Lieferung der einzusetzenden Pflanzen, diese sollten von der Auftraggeberin zur Verfügung gestellt werden. Dazu kam es jedoch nicht. Stattdessen wurde ca. sechs Monate später im Rahmen einer Vertragsergänzung der Unternehmer auch mit der Pflanzenlieferung für die Errichtung der Gartenanlage beauftragt.

In seiner Umsatzsteuererklärung behandelte der Unternehmer die Pflanzenlieferung an die  Auftraggeberin als eine dem ermäßigten Steuersatz (7 %) unterliegende Lieferung. Im Rahmen einer Betriebsprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, die Pflanzenlieferungen seien als Bestandteil einer einheitlichen Leistung dem Regelsteuersatz (19 %) zu unterwerfen. Das FG Münster als Vorinstanz hat mit Urteil aus Dezember 2016 entschieden, dass die Pflanzenlieferungen und die sonstigen ausgeführten Gartenbauarbeiten keine einheitlichen, sondern getrennte Leistungen darstellten. Der BFH hob in seinem Urteil die Entscheidung des Finanzgerichts auf.

Nach Auffassung des BFH ist das Finanzgericht als Vorinstanz zu Unrecht vom Vorliegen getrennter Leistungen ausgegangen. Die Lieferung der Pflanzen bildet nach Auffassung des BFH zusammen mit den Gartenbauarbeiten eine einheitliche, dem Regelsteuersatz (19 %) unterliegende sonstige Leistung. In der Urteilsbegründung knüpft der BFH zunächst an die maßgeblich durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze zum einheitlichen Umsatz an, welcher sich der BFH in ständiger Rechtsprechung angeschlossen hat. In diesem Zusammenhang weist der BFH darauf hin, dass es für die Abgrenzung von einheitlicher Leistung zu getrennten Leistungen nicht allein bedeutsam sei, ob die Beteiligten die Vereinbarungen in ein oder zwei Vertragsurkunden niedergelegt haben. Insoweit verweist der BFH darauf, es sei für den umgekehrten Fall bereits entschieden, dass bloß der Umstand, dass Leistungen aufgrund einer einzigen Vertragsgrundlage erbracht werden, nicht die Annahme einer einheitlichen Leistung rechtfertige.

Sodann verweist der BFH in seiner Begründung auf das sogenannte „Baumschulurteil“ aus Juni 2009, wonach zwar jeweils selbständige Leistungen vorliegen können, wenn der Betreiber einer Baumschule auf Wunsch eines Teils seiner Kunden auch das Einpflanzen der dort gekauften Pflanzen übernimmt. Aus der maßgeblichen Sicht des Verbrauchers gehe dann weder die sonstige Leistung des Einpflanzens in der Pflanzenlieferung noch die Pflanzenlieferung in der sonstigen Leistung des Einpflanzens auf. Etwas anderes gelte jedoch, wenn unter Verwendung von Pflanzen auf der Grundlage eines Gesamtkonzepts etwas selbständiges „Drittes“ i. S. einer gärtnerischen Anlage („Barockgarten“) geschaffen wird.

Vor diesem Hintergrund komme es – entgegen der Auffassung des Finanzgerichts als Vorinstanz – nicht darauf an, dass die gartenbaulichen Arbeiten und die Pflanzenlieferungen in getrennten Verträgen und zeitversetzt vereinbart und durchgeführt wurden. Maßgebend sei, ob sich die jeweiligen Leistungen aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt als Haupt- und Nebenleistung oder als komplexe Leistung darstellen.

Insoweit führt der BFH aus, dass die Pflanzenlieferungen keine (untergeordnete) Nebenleistung zu den Gartenbauarbeiten als Hauptleistung seien. Denn sie würden kein bloßes Mittel darstellen, um die Gartenbauarbeiten unter optimalen Bedingungen in Anspruch nehmen zu können. Die Gartenbauarbeiten würden – so der BFH – vielmehr erst im Zusammenwirken mit den eingepflanzten Büschen, Bäumen und Hecken eine Gartenanlage bilden, so dass es sich bei diesen um ein wesentliches und unentbehrliches Element für den zu einer Wohnanlage gehörenden „Barockgarten“ handelt.

Vor diesem Hintergrund liege eine einheitliche Leistung in Form einer komplexen Leistung vor, da durch die Kombination der Pflanzenlieferungen (Büsche, Sträucher, Bäume, Rasen) mit den Gartenbauarbeiten eine Gartenanlage und damit etwas Eigenständiges, Neues (Drittes) geschaffen wurde, hinter das die Pflanzenlieferungen und die Gartenbauarbeiten zurücktreten. Aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers gehe es nicht um das bloße Einsetzen von Pflanzen, sondern um die Erstellung einer für luxuriöse Wohnungen konzipierten Gartenanlage nach dem Vorbild eines Barockgartens.

Bei dieser Anlage seien die einzelnen Liefer- und Leistungselemente so eng miteinander verknüpft, dass etwas Neues geschaffen wurde, dessen Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Dem stehe – so der BFH – nicht entgegen, dass Pflanzenlieferungen und Gartenbauarbeiten im Wirtschaftsleben auch weiterhin getrennt erbracht werden können. Für die einheitliche Leistung – Erstellung einer Gartenanlage („Barockgarten“) – sei hier insgesamt der Regelsteuersatz von 19 % anzuwenden, weil die Lieferung der Pflanzen – so der BFH – nicht den Hauptbestandteil der einheitlichen Gesamtleistung bilde.