Foto: Stephan Albani MdB / Markus Hibbeler

"Albani in Aktion": Bundestagsabgeordneter Stephan Albani (CDU) während seines Praktikums bei Bruns Pflanzen-Export GmbH & Co. KG in Bad Zwischenahn, Niedersachsen. Foto: Stephan Albani MdB

"Albani in Aktion", Foto: Stephan Albani MdB

"Albani in Aktion", Foto: Stephan Albani MdB

"Albani in Aktion", Foto: Stephan Albani MdB

"Albani in Aktion", Foto: Stephan Albani MdB

Im Rahmen der Reihe "Albani in Aktion" machten Sie im März vergangenen Jahres ein Praktikum bei Bruns Pflanzen-Export GmbH & Co. KG in Bad Zwischenahn, Niedersachsen, und konnten Einblicke in den Arbeitsalltag einer der größten Baumschulen Europas gewinnen. Wie sind Ihre Eindrücke? Welche Herausforderungen müssen Baumschulenbetriebe heutzutage meistern und wie unterstützt sie der Bund dabei?

Stephan Albani: Eine Sache ist mir recht schnell klar geworden: Die Arbeit ist trotz aller technischer Hilfsmittel auch weiterhin körperlich herausfordernd und anstrengend. Zudem ist die Branche hochinnovativ und steht in einem zunehmend globalen Wettbewerb. Produkt- und Verfahrensinnovationen haben hier per se einen hohen Stellenwert: Die Kunden wollen leicht zu pflegende Pflanzen, die robust sind und auch nicht allzu viel kosten dürfen. Zugleich sind alte und neue Pflanzenkrankheiten und -schädlinge im Zweifel existenzbedrohend. Hier unterstützt der Bund mittels der Umsetzung der neuen EU-Strategie zur Pflanzengesundheit, die bis Ende 2019 abgeschlossen sein soll. Diese wird sowohl auf Präventionsmaßnahmen, Exporterleichterungen als auch Rahmenbedingungen für finanzielle Absicherung abzielen. Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat zu letzterem Punkt bereits eine Studie in Auftrag gegeben, die etwa Mitte nächsten Jahres abgeschlossen sein soll. An dem bewährten System der gezielten Förderung landwirtschaftlicher Betriebe über GAP und andere Programme werden wir festhalten - der von anderen Fraktionen geforderte Umbau der Landwirtschaftsförderung gefährdet die von KMU und Familienbetrieben bestimmte Branche!

Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD der 19. Legislaturperiode wurde im Bereich des Gartenbaus neben der Fortführung des Bundesprogrammes Energieeffizienz u.a. das Ziel der Erarbeitung einer Torfschutzstrategie formuliert. Ziel dieser sei die Bereitstellung klimafreundlicher Alternativen zur Minderung der Torfanteile in gärtnerischen Substraten. Viele bisherige Alternativsubstanzen, wie etwa Kokosfasern, stehen im Verdacht, einen vermeintlich negativen, ökologischen Fußabdruck aus Europa in Drittländer wie etwa Sri Lanka oder Indonesien zu verlagern. Wie hoch schätzen Sie die Chance ein, dass Ziel im Zuge dieser Legislaturperiode zu erreichen?  Werden aus Ihrer Sicht Maßnahmen des Bundes im Bereich der Forschung zu alternativen Stoffen benötigt?

Stephan Albani: Der Torfabbau ist in erster Linie ein niedersächsisches Thema, da hier die meisten großen Erdenwerke und Substrathersteller sitzen. Im Koalitionsvertrag haben wir uns auf eine Torfschutzstrategie samt klimafreundlicher Alternativen geeinigt. In erster Linie soll der Torfanteil in Substraten für den gärtnerischen Hobby- und Erwerbsanbau verringert werden. Ein Zeitrahmen wurde nicht vorgegeben. Im Vorfeld erfolgte hier die Rücksprache des Bundeslandwirtschaftsministeriums mit den zuständigen Stellen des Landes Niedersachsen und es wurde eine Mitarbeit des Bundes im niedersächsischen Torfersatzforum vereinbart. Aus dem Ministerium habe ich erfahren, dass die mangelnde Verfügbarkeit von Ersatzstoffen zudem ein Haupthemmnis ist. Einige Arten nachwachsender Rohstoffe sind in gewissem Umfang als Torfersatz geeignet. Von Seiten der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe werden seit Jahren Forschungsarbeiten zur Eignung verschiedener Stoffe und zum Anbau von Sphagnum gefördert. Die frische Biomasse von Sphagnum besitzt ähnliche physikalische und chemische Eigenschaften wie abgelagerter Weißtorf und ist als Kultursubstrat für den Gartenbau geeignet. Allerdings wird dies nur langfristig umsetzbar sein.

Im kommenden Jahr soll die Datengrundlage für die Erarbeitung einer Torfersatzstrategie gelegt werden, um auf dieser Basis Ersatzstrategien für den Hobby- und Erwerbsgartenbau zu erarbeiten. Der Bund wird insbesondere im Erwerbsgartenbau den freiwilligen Verzicht fördern statt ordnungsrechtliche Maßgaben zu erlassen - auch da der Emissionsanteil durch den Torfabbau am deutschen Gesamtaufkommen gering ist. Öffentliche Forschungsförderung erfolgt hier auch: So wird in Rheinland-Pfalz ein Projekt für torfsparende Erdpresstöpfe in der Gemüsejungpflanzenproduktion mit Bundesunterstützung erprobt. Dennoch: Die vielen bereits erfolgten Untersuchungen ergaben noch keinen Durchbruch beim Torfersatz. Denn Ersatzstoffe sind von ihren Inhaltstoffen variabel, nicht ausreichend verfügbar, preislich teils teurer als Torf und noch lange nicht für die große Anzahl von gartenbaulichen Kulturarten, Gemüse und Zierpflanzen, und unterschiedlichen Kulturverfahren getestet.

Auch im Baumschul-Sektor, im Zuge der Debatte um die erneute Zulassung des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat, wird über Reduktion von Pflanzenschutzmitteln diskutiert. Welche Maßnahmen zur Förderung von Innovationen im Pflanzenschutz und der Weiterentwicklung der Verfahren des integrierten Pflanzenschutzes plant der Bund?

Stephan Albani: Vorab bleibt nach meiner Rückfrage im zuständigen Bundeslandwirtschaftsministerium festzuhalten: Spezifische Beschränkungen der Glyphosat-Anwendung in Baumschulen sind nicht vorgesehen. Die Baumschulbetriebe werden im Rahmen des integrierten Pflanzenschutzes zunächst glyphosathaltige Herbizide anwenden können. Alternativen werden jedoch seitens des Ministeriums über das Bundesprogramm ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN) gefördert. Hier laufen aktuell fünf Projekte im Bereich Pflanzenschutz in der Baumschule bzw. Gehölzproduktion. Die Bundesregierung beabsichtigt den BÖLN-Titel ab dem Haushaltsjahr 2018 deutlich aufzustocken. Darüber hinaus werden an verschiedenen Instituten des Julius-Kühn-Instituts aktuell elf Forschungsthemen mit Fragestellungen zum Pflanzenschutz mit Bezug zur Gehölzproduktion bearbeitet. Hier gibt es etwa Projekte zur besseren Diagnostik bei der Bakterienkrankheit "Pseudomonas" oder umweltfreundlicher Gegenmaßnahmen für den Buchsbaumzünsler. Außerdem plant das Landwirtschaftsministerium die Förderung von Forschungsprojekten zur Überarbeitung von prognose- und computergestützten Entscheidungshilfeverfahren im Rahmen der Ackerbaustrategie. In diesem Zusammenhang wird auch der aktuelle Bedarf der Baumschulbranche in Bezug auf die Überarbeitung von Entscheidungstools ausgewertet. Des Weiteren wird derzeit vom Bund und den Ländern die Möglichkeit zur Förderung von Geräten zur mechanischen Unkrautbekämpfung im "Unterstockbereich" im Rahmen der GAK geprüft.

Kommen wir zum Thema Biodiversität und dem hohen Potenzial einiger Gehölzarten für die biologische Vielfalt. Eine aktuelle Studie Schweizer Universitäten (s. Zusammenfassung in der Anlage) berichtet über den hohen ökologischen Wert einiger vor allem einheimischer Baumarten und bezeichnet sie sogar als "alternativlos". Doch es besteht eindeutig Forschungsbedarf zu diesem Thema sowie zur Feinstaubfilter-Funktion von Gehölzen im Siedlungsraum, sowohl bei Nadel- als auch bei Laubbäumen. Es bedarf Förderprogramme mit einer längeren Laufzeit (länger als drei Jahre). Ist eine Laufzeitverlängerung von Forschungsprojekten auf diesem Themengebiet geplant?

Stephan Albani: Laut dem Bundeslandwirtschaftsministerium sind die Vorgaben hier klar: Sind Forschungsarbeiten nicht im Grundprogramm einer Einrichtung verankert, sondern werden als zusätzliche Forschung durch sogenannte Drittmittel finanziert, beschränkt sich die förderfähige Laufzeit in der Regel auf drei Jahre aufgrund haushaltsrechtlicher Vorgaben. Jedoch können weiterführende Fortsetzungen unter Umständen gefördert werden.

In Bezug auf die einheimischen Arten gibt es ja ebenfalls eine wichtige Neuerung: Ab 2020 dürfen laut Bundesnaturschutzgesetz für die Begrünung in der freien Landschaft keine gebietsfremden Arten mehr verwendet werden. Dennoch macht das Landwirtschaftsministerium zu Recht darauf aufmerksam, dass die Begrünungssituation sich in der Stadt anders darstellt. Hier sind Bäume seit jeher einer Vielzahl von Stressfaktoren ausgesetzt, darunter Wassermangel durch Bodenverdichtung und Trockenheit, Schadstoffemission im Wasser und der Erde sowie mechanischen Beschädigungen. Dieser Stress wird sich mit zunehmenden klimatischen Veränderungen und häufiger werdenden Extremwetterlagen verschärfen. Hinzu kommen einwandernde oder eingeschleppte Schädlinge, Pilze und bakterielle Erkrankungen. Es sei daher zu erwarten, dass eine Reihe von klassischen Stadtbaumarten in unseren Breiten den künftigen Anforderungen nicht mehr gewachsen sein wird. Der Bund fördert deshalb entsprechende Versuche mit verschiedenen Baumarten unter Praxisbedingungen auf ihre Eignung als "zukunftsträchtige Stadtbäume" durchgeführt. Bekannt sind Vorhaben in Bayern und Hamburg.

Haben Sie selber einen Garten, Herr Albani?

Stephan Albani: Wow, dass ist mal eine vergleichsweise entspannte Frage: Natürlich! Meine Familie und ich könnten sich Wohnen ohne "Umzu" nicht vorstellen. Wir genießen unser Grünes hinter dem Haus. Auch wenn wir nicht die großen Unkrautzupfer und begeisterten Rasenmäher sind. Das Stück Grün genießen wir und überlassen es nicht sich selbst, sondern pflegen es gemeinsam. Da wir im schönen Ammerland wohnen, sind wir in Sachen Pflanzen dank zahlreicher Baumschulen vor Ort bestens versorgt. Und wenn wir dann am Wochenende beim gemeinsamenGrillen in "unserem" Grünen zusammenkommen, dann wissen wir wozu wir es tun!

Vielen Dank für dieses Interview, Herr Bundestagsabgeordneter Albani!