Sebastian Nehls, Steuerberater beim Landwirtschaftlichen Buchführungsverband in Kiel

Durch manipulierte Kassen entstehen nach Schätzung der Finanzverwaltung jährlich Steuerausfälle in Milliardenhöhe. Aus diesem Grund trat Ende Dezember 2016 das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen – das sogenannte Kassengesetz – in Kraft. Der Gesetzgeber will damit Steuerausfällen entschieden entgegentreten. Nun hat das Bundesfinanzministerium (BMF) mit sofortiger Wirkung in einem umfangreichen Schreiben neben grundsätzlichen Aussagen zu den Ordnungsvorschriften für die Buchführung und für Aufzeichnungen auch Hinweise zu einer ordnungsgemäßen Kassenführung gegeben:

Allgemeines

Buchführungspflichtige Steuerpflichtige haben für Bargeldbewegungen ein Kassenbuch (ggf. in der Form aneinandergereihter Kassenberichte) zu führen. Eine ordnungsgemäße Einnahmen-Überschussrechnung setzt (lediglich) voraus, dass die Höhe der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben durch geordnete und vollständige Belege nachgewiesen wird. In der Praxis sollte aber auch der Einnahmen-Überschussrechner eine detaillierte Aufzeichnung seiner Barumsätze vornehmen, um im Falle einer Betriebsprüfung durch die Finanzverwaltung die Zusammensetzung der betrieblichen Bareinnahmen nachweisen zu können.

Grundsatz der Einzelaufzeichnung

Der Grundsatz der Pflicht zur Einzelaufzeichnung jedes Geschäftsvorfalls gilt nach Auffassung des BMF unabhängig von der Gewinnermittlungsart. So fallen auch Steuerpflichtige, die ihren Gewinn mittels Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln, unter diesen Grundsatz. Dem Grundsatz der Einzelaufzeichnung folgend, bedeutet „Einzelaufzeichnung“ nicht nur die Aufzeichnung der in Geld bestehenden Gegenleistung, sondern auch des Inhalts des Geschäfts und des Namens des Vertragspartners. Diese Grundsätze gelten nach Auffassung des BMF auch für sämtliche Bareinnahmen und Barausgaben. Jeder Steuerpflichtige, der eine gewerbliche, berufliche oder land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit selbständig ausübt, ist von diesen Grundsätzen betroffen. Nicht nur Lieferungen, sondern auch Dienstleistungen fallen darunter.

Hinweis:

Das BMF beanstandet es nicht, wenn Kundendaten (insbesondere der Name) nicht aufgezeichnet werden, sofern diese nicht zur Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit des Geschäftsvorfalls benötigt wird. Dies gilt auch dann, wenn ein elektronisches Kassensystem eine Kundenerfassung und Kundenverwaltung zulässt, die Kundendaten aber tatsächlich nicht oder nur teilweise erfasst werden. Soweit Aufzeichnungen über Kundendaten aber tatsächlich geführt werden, sind sie aufbewahrungspflichtig.

Zu den Einzelaufzeichnungen gehören nach Auffassung des BMF:

• eindeutig bezeichneter Artikel / erbrachte Dienstleistung
• endgültiger Einzelverkaufspreis
• Umsatzsteuersatz und Umsatzsteuerbetrag
• vereinbarte Preisminderungen
• Zahlungsart
• Datum
• Zeitpunkt des Umsatzes (Uhrzeit)
• verkaufte Menge bzw. Anzahl / Umfang der Dienstleistung

Ausnahme von Einzelaufzeichnungspflicht aus Zumutbarkeitsgründen

Sofern der Steuerpflichtige nachweisen kann, dass die Aufzeichnung jedes einzelnen Geschäftsvorfalls nicht zumutbar ist, weil es technisch, betriebswirtschaftlich und praktisch unmöglich ist, kann von der Einzelaufzeichnungspflicht Abstand genommen werden. Diese Möglichkeit besteht allerdings nur, wenn kein elektronisches Kassensystem, sondern eine offene Ladenkasse verwendet wird. Wird ein elektronisches Kassensystem verwendet, gilt immer die Einzelaufzeichnungspflicht. Die Ausnahme von der Einzelaufzeichnung aus Zumutbarkeitsgründen bei Führung einer offenen Ladenkasse ist sowohl bei Warenverkäufen als auch bei Dienstleistungen anwendbar. Aber: Bei Dienstleistungen sind dennoch Einzelaufzeichnungen nach Auffassung des BMF zu führen, wenn der Kundenkontakt etwa der Dauer der Dienstleistung entspricht und der Kunde auf die Ausübung der Dienstleistung üblicherweise individuellen Einfluss nehmen kann (beispielsweise im Friseurhandwerk, in Kosmetikstudios, in Praxen für Physiotherapie, beim Reitunterricht etc.). Bei der Erbringung entsprechender Dienstleistungen ist diese strenge Sichtweise des BMF zu beachten.

Wenn allerdings tatsächlich Einzelaufzeichnungen geführt werden, können sich Dienstleister – wie auch Einzelhändler – nicht auf die Aufzeichnungserleichterung aus Zumutbarkeitsgründen berufen.

Vertrauenskassen

Bei Kassen ohne Verkaufspersonal – sogenannte Vertrauenskassen, wie beispielsweise beim Gemüseverkauf am Feldrand, Fahrscheinautomaten sowie Waren- und Dienstleistungsautomaten – beanstandet das BMF es nicht, wenn diese Kassen nicht täglich, sondern erst bei Leerung ausgezählt werden und die Barumsätze festgehalten werden.